Heute ist der Tag der Erde. Die Vereinigten Nationen haben diesen Tag feierlich zum Internationalen Tag der Mutter Erde erklärt. Eine schöne Initiative. Millionen von Menschen weltweit tun jedes Jahr am 22. April etwas für sie.
Brauchen wir die Natur noch?
Aber ganz im Ernst: Brauchen wir die Natur noch? Das Internet ist voll von Fotos mit Wäldern, Tigern und Mohnblumen. Allein die Bilder der Natur, die Facebook und Instagram in ihren Kellern gespeichert halten, würden für die nächsten hunderttausend Jahre als Wunschkarten völlig genügen. Warum die ganze Aufregung über die sterbenden Bienen und Delfine? Im Supermarkt steht in den Regalen immer noch genug Honig, und Delfine kann man den Kindern im Delfinarium zeigen.
Frühlingsspaziergang
Ich ging heute eine Runde spazieren. Ich ließ das Feld mit seinen sauber angeordneten jungen Weizenpflanzen hinter mir, machte einen Bogen um den Traktor, der gerade Pestizide versprühte, und gelangte in das schmale Tal, das sich zwischen die Felder und den Hügel mit dem Wald schmiegt. Der Wald besteht nach dem letzten Borkenkäferbefall nur noch aus ein paar vereinzelten Bäumen und ließ deswegen die Sonnenstrahlen ungehindert auf dem grünen Streifen spielen. Die Wiese war herrlich mit ihren jungen Gräsern, voll weißer und gelber Tupfen von Gänseblümchen und Löwenzahn.
Das unbegreifliche Wunder des Frühlings geschah ein weiteres Mal, völlig unverdient, großzügig, vollkommen selbstlos. Ich kam nach Hause erfüllt mit Dankbarkeit und Freude.
Ich hoffe, dieser Streifen Wiese bleibt uns erhalten. Die Chancen dafür stehen gut. Das Lithium für unsere Autos und die Seltenen Erden für unsere Smartphones werden woanders abgebaut. Um für den Sojaanbau für die Futterindustrie benutzt zu werden, ist dieser Streifen zu feucht. Sein Boden ist auch zu steinig, um ihn als Sand für die Betonproduktion zu nutzen.
Die Mutter Erde wird dort also weiterhin jeden Frühling dieses Wunder immer wieder aufs Neue vollbringen. Ich bin ihr dafür unbeschreiblich dankbar und denke an sie an dem Tag mit Liebe und Zärtlichkeit.
Andreas Sternowski ist Verleger im Continentia Verlag, wo er Bücher über den Wandel zur Nachhaltigkeit und Verantwortung publiziert. Seine Vision ist eine Gesellschaft, die auf gerechtem und bereicherndem Miteinander und auf Harmonie mit der Natur beruht.
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