Wissenschaftler haben errechnet, dass uns kaum mehr 60 Ernten bleiben. Dann ist der Boden weltweit vernichtet, wenn unsere Lebensmittelproduktion weiter so bleibt wie sie ist. Wir müssen den Krieg der Landwirtschaft mit der Natur beenden.
Es ist irgendwie zur Normalität geworden, durch eine leere und öde Landschaft zu fahren. Zu Fuß wagt man sich in diese Weiten überhaupt nicht mehr hinaus. Oft reiten kleine Wirbelwinde, Staubgirlanden über die Felder: wertvollster feiner Humus fliegt davon.
Der Humusverlust, der aus der industriellen Bearbeitung der Böden resultiert, ist enorm. Humus ist das, was dem Bodenleben als Nahrung und als Wohnung dient. Kein Humus bedeutet: kein fruchtbarer Boden; was wiederum bedeutet, dass sich Pflanzen nicht ernähren können und wiederum kein Humus aufgebaut werden kann. Gerade das Pflügen scheint dabei eines der ursächlichen Probleme zu sein.
Heutzutage ist das, was unhinterfragt schon seit Jahrhunderten gemacht wird, verhängnisvoller denn je. Mit der Kraft riesiger Traktoren wird auf Flächen von 100 ha und mehr die Erde umgebrochen und liegt dann Tage und Wochen lang blank. In dieser sprichwörtlichen Wüste existiert immer weniger Leben. Die im Boden lebenden Organismen sterben, wenn sie an die Luft kommen, der enthaltene Humus zerfällt und gibt CO2 in die Atmosphäre ab.
Mit der industriell betriebenen Landwirtschaft führen wir de facto Krieg mit dem Leben in unseren Böden – dem Leben, das uns ernährt.
Unterjochte Natur
Unsere Lebensmittel wachsen auf Böden, die vor der Aussaat mit Gift behandelt werden, damit sich die natürlich vorkommenden Kräuter dort nicht ausbreiten. Und während dann auf den riesigen Flächen diese eine Pflanzenart wächst, die gewünscht ist, wird akribisch darauf geachtet, dass keine andere Pflanzenart sich ausbreitet. Dabei bestehen auf unseren Äckern für Wildkräuter ideale Bedingungen: Die offene Erde lädt die Samen von Pionierpflanzen geradezu ein, sich von selbst anzusiedeln. Auf diese Weise entsteht der so genannte Unkrautdruck, der vom Menschen selbst gemacht ist. Bliebe der Erdboden nicht so unbedeckt, könnten sich auch nicht so viele Wildkräuter ansähen.
In der Natur strebt das Leben danach, die unbelebten Räume zu besetzen. Diese als “Sukzession” bezeichnete Entwicklung führt ganz natürlich von der unbewachsenen Fläche hin zum Hochwald. Natürlich braucht diese Entwicklung einige Jahre und ggfs. sogar Jahrzehnte. Mit der aktuell vorherrschenden Methode des Ackerbaus arbeiten wir gegen diese natürliche Entwicklung. Und zwar ununterbrochen, jedes Jahr von Neuem!
Der Waldgarten – ein komplett anderer Ansatz
In einem Waldgarten versucht man einen Waldrand oder eine Waldlichtung nachzubauen. Man gestaltet dort mit der Zeit einen dreidimensionalen Anbauraum mit Nutzpflanzen.
In einem Waldgarten wird willentlich ein komplexes Biotop etabliert: eine Vielzahl von Pflanzenarten, die sich gegenseitig unterstützen und uns auf vielfältige Weise Nahrung, Rohstoffe und andere Produkte liefert. Je komplexer ein solches System ist, d. h. je mehr Pflanzenarten, Tierarten und natürliche Kreisläufe darin etabliert sind, desto stabiler ist dieses System. Ein komplexes System kann erwiesenermaßen besser mit Änderungen der Umweltbedingungen umgehen als eine Monokultur.
Das erscheint auch ganz logisch, wenn man sich ein wenig in die Situation hineinversetzt. Bei einem komplexen System, das aus vielen Arten besteht, ist es für den Gesamterfolg nicht so entscheidend, ob eine bestimmte Art überlebt oder ob es ihr gut oder schlecht geht. Ein Waldgarten kann 200-300 verschiedene Pflanzenarten enthalten, von denen 20-30 uns direkt Nahrungsmittel liefern.
Bei der so genannten „konventionellen“ Landwirtschaft, die eher industrielle Landwirtschaft genannt werden sollte, wird hauptsächlich auf Monokulturen gesetzt. Fortschrittliche Anbaumethoden setzen auf drei bis vier Arten, die gleichzeitig auf dem Acker wachsen. Aber auch hier, wenn eine Sorte ein schlechtes Jahr hat, dann hat der Bauer auch eins.
Waldgärten hingegen liefern über das ganze Jahr hinweg Produkte, die von Menschen benutzt werden können. Wenn in einem Waldgarten auf einer vorgegebenen Fläche 20 oder 30 verschiedene Arten Nahrungsmittel produziert werden, dann sind die geernteten Mengen natürlich nicht wirklich riesig. Insgesamt aber ist die Erntemenge wohl größer als bei industriellem Anbau. Das sagen die Praktiker, wie z. B. Jonas Gampe. Er behauptet, dass er auf den 2 ha Fläche seines Permakulturparks mehr produziert als die Bauern auf den Nachbarflächen. Genaue Ertragszahlen von Waldgärten sind jedoch rar und meist verfälscht, weil sie viele „nebenbei“ verspeiste Früchte nicht erfassen.
Waldgärten bringen mit der Zeit einen deutlich höheren Ertrag als die industriell betriebene Landwirtschaft und sind nebenbei praktischer Naturschutz.
Waldgärten sind in Europa seit mehr als 30 Jahren bekannt. Sie entstanden ausgehend vom südlichen England durch Privatinitiative einzelner Menschen. Meist sind es Selbstversorgergärten mit 800 – 2000 qm Fläche. Sie funktionieren allem Anschein nach gut und bringen mit der Zeit mit immer weniger Aufwand gute Erträge. Im Lauf der Zeit stellt sich ein stabiler Zustand ein, in dem die Hauptarbeit das Ernten ist. In Waldgärten wird ohne künstliche Spritz- und Düngemittel gearbeitet und auch ohne große Maschinen. Wenn überhaupt Maschinen zum Einsatz kommen, ist das größte Gerät meist ein benzinbetriebener “Einachser”, an den verschiedene Anbaugerätschaften gekoppelt werden können. Ein Pflug gehört allerdings nicht zur Ausstattung.
Sind die Waldgärten das Paradies auf Erden?
Ich lernte das System der Permakultur schon vor einiger Zeit kennen. Auch wenn die Kräuterspirale das bekannteste durch die Permakultur beeinflusste Artefakt ist, geht Permakultur weit darüber hinaus: Man kann sagen, dass Permakultur ein Denksystem ist, bei dem man in Kreisläufen und Vernetzungen denkt.
Ausgehend von der Landwirtschaft hat sich dieser Ansatz schon bald auch auf anderen Gebieten bewährt: Man kann mit den in der Permakultur zusammengetragenen Tools auch erfolgreich Firmen führen und soziale Gruppen aufbauen.
In der Permakulturszene gibt es zwei favorisierte Anbaumethoden. Eine ist der “Market Garden”: ein System für den intensiven Gemüseanbau. Die andere ist der Waldgarten. Beide Systeme sind vielfach bewährt und doch immer noch Änderungen unterworfen, die aus der Erfahrung erwachsen. Diese Tatsache ist für mich persönlich spannend; für die konventionell arbeitenden Bauern klingt das eher abschreckend. Schließlich sind die meisten Bauern mit ihrem Anbausystem in einem regelrechten Abhängigkeitsverhältnis: Sie sind hochverschuldet, weil sie immer größere Maschinen finanzieren müssen, um auf immer größeren Flächen immer mehr zu produzieren. Dass die Landwirtschaft bei dieser Bewirtschaftungsweise inzwischen pro eine Kalorie Nahrung zehn Kalorien fossile Energie verbraucht, bleibt unberücksichtigt. Aber auch wenn viele Bauern sich mit ihrer industriellen Landwirtschaft nicht mehr wohl fühlen – die meisten wissen einfach keine Alternative.
Unser Projekt soll beweisen, dass Waldgärten auch auf großen Flächen erfolgreich betrieben werden können.
Diesen Missstand wollen wir beheben. Wir wollen zeigen, dass es möglich ist, Waldgärten auch in größerem Maßstab zu betreiben. Was jahrzehntelang erprobt auf kleinen Flächen funktioniert, wird auch auf größeren Flächen funktionieren – so meine Überzeugung. Es kann sein, dass dann wieder mehr Menschen in der Landwirtschaft arbeiten dürfen. Es kann sein, es wird so sein, dass die großen schweren Maschinen überflüssig werden, es kann/wird so sein, dass keine chemischen Düngemittel mehr genutzt werden …
Und es soll so sein, dass diese Waldgärten angenehme Arbeitsplätze sind, Plätze, wo man sich gerne aufhält, wo man gesundet, während man arbeitet, wo Menschen auch gerne hingehen, um sich zu erholen und auszuspannen. Es werden Orte sein, wo wieder Vögel und Insekten zu hören sind, wo die Erde so weich ist, dass man keine Maschinen braucht, um sie zu bewegen. Es werden Orte sein, wo Lebensmittel in Harmonie mit der Natur wachsen und von uns genutzt werden können.
Unser Waldgartenprojekt ist nun also angetreten, um die konventionellen Bauern davon zu überzeugen, dass Waldgärten ein ökologisches, sinnvolles und wirtschaftlich tragfähiges System zur Nahrungsmittelproduktion sind. Dafür haben wir ein Konzept ausgearbeitet und setzen nun ein erstes Pilotprojekt um. Es liegt 20 km östlich von Berlin, nahe einem kleinen Dorf. Wir haben den Kaufvertrag am Montag unterschrieben :)!
Mit dem Waldgartenprojekt sollen in den nächsten zehn Jahren vielfältige Lehr- und Bildungsangebote entstehen. Die in den initiierten Waldgärten gewonnen Kenntnisse sollen wissenschaftlich begleitet ausgewertet werden. Es sollen die ermittelten Ertragszahlen und die erfolgreichen Vorgehensweisen in Tutorials umgesetzt werden, mit denen dann auf einfache Weise noch mehr Waldgärten entstehen können. Unser Traum ist, dass in den nächsten zehn Jahren eine Welle von Waldgärten loslegt – um unsere Landwirtschaft enkeltauglich zu machen.
Unsere Vision ist, die Landwirtschaft in Deutschland zu revolutionieren.
Du kannst dieses Projekt auf vielfältige Weise unterstützen
Die kurzfristigste ist, dass du Informationen über unser Projekt teilst. Sofern Du das vor dem 7.12. machst, füge bitte noch das Hashtag #sarsaraleXecover dazu. Das würde uns ungemein helfen, evtl. eine große finanzielle Förderung zu bekommen: Wir sind in einer Challange, bei der wir möglichst breite Aufmerksamkeit in SocialMedia erzeugen sollen. Klappt das, werden wir aus der Gruppe der sechs Projekte, die in die Endrunde dieser Challenge gekommen sind, ausgewählt werden. Beworben haben sich über 175 Projekte.
Eine mittelfristige ist, Dich über unsere Crowdfundingkampagne zu informieren (www.startnext.com/waldgarten). Dort findest Du ein Video, das das Gelände zeigt, einige Grafiken zur Erläuterung und auch noch viel textliche Beschreibung. Das Crowdfunding läuft noch bis zum 10.01.2021 und soll uns bei der Finanzierung der Erstausstattung unseres Betriebes unterstützen. Wir werden Folientunnel, Wildschutzzaun, Bäume, Schaufeln usw. davon finanzieren. Hab Spaß damit. ;)
Die langfristigste Unterstützung für dieses Projekt ist, wenn Du weitererzählst, wie interessant es ist. Wir brauchen noch Menschen, die mitmachen. Wir wollen nämlich in den nächsten Jahren noch einige weitere Waldgärten initiieren, um dann verlässliche Ertragszahlen zu haben: Wie wollen möglichst viele Bauern überzeugen, den Krieg der Landwirtschaft gegen die Natur zu beenden.
Große Visionen brauchen viele Unterstützer*innen.
Danke für Deine Unterstützung, in unser aller Namen und dem unserer Kinder!
Weitere Artikel zum Thema Pflichten gegenüber der Natur:
Aus Rehfelde erreichte uns folgende Neuigkeit:
"In den letzten Wochen haben wir nun schon mit den ersten Schritten begonnen. Wir haben einen Brunnen gebohrt, bauen eine Benjeshecke auf und richten gerade die Solawi-Gärtnerei Gemüslichkeit ein.
Die ersten 27 Obstbäumchen stehen auch schon in unserer Baumschule und warten auf die Pflanzung Ende des Jahres."
Ramos hat uns daran erinnert, dass die zweite Phase der Crowdfundingkampagne auf https://www.startnext.com/waldgarten am Sonntag, den 10. Januar zu Ende geht, und erneut um Unterstützung gebeten.
Die bisherigen 115 Unterstützer haben über 10.000 € einbezahlt. Das würde das fehlende Geld für den Landkauf abdecken. Das Gründungsteam möchte allerdings noch sehr gern die allerwichtigsten Posten für die Grundausstattung anschaffen. Es müssen zum Beispiel Windschutzhecken gepflanzt, Bodenverbesserungsmaßnahmen durchgeführt, Werkzeug angeschafft werden. Der Traum des Teams wäre, auch ein Gewächshaus für die Anzucht der Pflanzen bauen zu können.
Deswegen leiten wir Ramos‘ Bitte um weitere Unterstützung hiermit weiter. Ich selbst werde auch erneut etwas spenden :).
Für diejenigen von Euch, die in Berlin oder in Brandenburg leben, ist vielleicht die Mitgliedschaft in der…
Eine wunderbare Initiative. Wir brauchen dringend solche Projekte, wenn wir wirklich etwas ändern wollen: Tun überbietet Reden. Viel Erfolg!