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Andreas Sternowski

Das Ende einer Zivilisation

Aktualisiert: 3. Dez.

Erinnern Sie sich, wie das weströmische Imperium zu Ende ging? Es war weder das Ergebnis einer fremden Invasion noch einer Volkserhebung. Die römische Kultur wurde einfach schwach: Die Menschen glaubten nicht mehr an ihre Ideale und Werte, dachten nur noch an ihren persönlichen Wohlstand und die tausendjährige Zivilisation verlor einfach ihre Kraft.


Sehen Sie auch gewisse Parallelen zu unserer kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung? Mit dem Unterschied, dass heute alles deutlich rasanter abläuft?



Ruinen in Rom symbolisieren das Ende der westlichen Zivilisation. Unsere Zivilisation und Kultur sind in Gefahr.



Wir haben uns in die heutige Situation lange und mit viel Eifer hineingearbeitet. Den Kern unserer Zivilisation bilden das materialistische Verständnis der Welt und der Standpunkt, dass Geld die Verheißung des Glücks und Erfolgs im Leben ist. Die Weichen hinein in unsere Sackgasse waren also von Anfang an gestellt: unhinterfragtes wirtschaftliches Wachstum, Gewinnmaximierung, Unterordnung der Kultur unter das ökonomische Paradigma. Was die Menschen im Westen antreibt, ist der Wunsch nach reibungslosem, unbekümmertem Leben. Wir streben nach Luxus, Annehmlichkeiten, Unterhaltung. Sie bedeuten für uns glückliches, erfülltes Leben. Deswegen stecken wir in die Erreichung dieses Ziels unsere ganze Energie.


Nun lassen Sie uns darüber nachdenken. Wir versuchen bereits seit Jahrhunderten mit allen Mitteln, auf diese Weise glücklich zu werden. Warum gelingt uns das nicht? Unser Wohlstand ist in den letzten 250 Jahren exponenziell gewachsen. Warum fühlen wir uns nicht glücklicher? Warum haben zunehmend viele Menschen das Gefühl, dass ihre Lebensweise sie nicht erfüllt? Vielleicht sind wir doch auf dem Holzweg? Geld und müheloses Leben führen nicht zum Glück. Sie führen zu einigem, aber sicher nicht zur Erfüllung. Heute bringen sie vor allem Zerstreuung und allumfassendes Geschwätz. Außerdem zerstören sie die Natur, ohne die der Mensch nicht nur kein inneres Wohlbefinden hat, sondern auch körperlich nicht gesund sein kann.


Da man nur in seinem inneren Universum glücklich werden kann, bringt uns die Zerstreuung, die aus unserer Lebensweise resultiert, um unser Glück.

Unsere Zerstreuung ist kein natürlicher Zustand. Wir werden zu ihr hingeleitet. Wir werden in dem Wettlauf nach Geld mit Absicht gefangen gehalten. Irgendjemand schlägt daraus Kapital. Durchschauen wir das wirklich nicht? Manchmal. Aber was tun? Eingestehen, dass wir unser ganzes Leben in die falsche Richtung gelaufen sind? Oder gar umkehren? Also schließen wir wieder die Augen und laufen der nächsten Gelegenheit nach und in unsere Sackgasse hinein.


Unsere Barbaren


Die Hauptstadt unseres heutigen „römischen Reiches“ ist Washington D. C. mit aufstrebenden lokalen Metropolen wie London oder Paris. Dort können wir exemplarisch sehen, wo die Barbaren herkommen, die unserer Zivilisation und Kultur den Todesstoß geben werden. Sie kommen nicht von irgendwo zu uns. Wir haben sie selbst gezüchtet: mit einer Bildung, die nicht bildet, sondern Menschen für die Wirtschaft vorbereitet; mit einer Kultur, die ihre Ideale aufgibt, um am Wettrennen um Aufmerksamkeit teilzunehmen, einer Kultur, die das Geld umwirbt.


Die Barbaren kommen nicht von außen. Sie wachsen unter uns und ungewollt machen wir sie immer stärker.

Wir lassen uns immer weiter aus unserem inneren Universum verdrängen. Dort allerdings und nur dort wohnen die Stärke, das Glück und die Erfüllung des Menschen. Dort und nur dort erwachsen die Stärke und die Attraktivität einer Kultur. Dort entstehen Zivilisationen und dort sterben sie.


Diese Erkenntnis ruft nach einer neuen Aufklärung. Die Aufklärung des 18. Jahrhunderts befreite uns von den Fesseln einer Kirche, die sich zur weltlichen Macht aufgespielt hatte. Die Aufklärung des 21. Jahrhunderts muss uns von der gegenwärtigen weltlichen Macht des Geldes befreien: Diese Macht verwüstet uns innerlich, geistig und spirituell. Sie macht uns schwach.


Bevor wir den Westen erfolgreich verändern können, müssen wir umdenken. Wir müssen unsere Ziele infrage stellen und neue, lebenswürdigere Ziele finden.

Was ist die Lösung?


Die einzige Chance unserer heutigen Zivilisation ist ein mit Vernunft, ohne Emotionen und Vorurteilen geplanter und durchgeführter Umbau, ein Umbau, der von der Gesellschaft getragen wird. Alan P. Stern hat sich dazu Gedanken gemacht und ich teile seine Meinung.


Dieser Umbau bedarf einer Vorbereitung. Sie liegt darin, dass sich viele Menschen von dem Marktplatz der Äußerlichkeiten und vom Kommerz abwenden. Wir müssen uns mehr nach innen wenden. Für die einen bedeutet das, wieder in die Tiefen unserer eignen Kultur einzutauchen. Die anderen machen sich vielleicht auf die spannende Entdeckungsreise zu den fernöstlichen Philosophien. Noch andere wenden sich möglicherweise der praktischen Spiritualität zu und suchen die Lösung in ihrem inneren Wachstum.


Auf jeden Fall führt der Weg zu einer solidarischen Gesellschaft, zu einer lebenswerten Zivilisation und zum erfüllten Leben durch unser inneres Universum.


Andreas Sternowski ist Verleger im Continentia Verlag, wo er Bücher über den Wandel zur Nachhaltigkeit und Verantwortung publiziert. Seine Vision ist eine Gesellschaft, die auf gerechtem und bereicherndem Miteinander und auf Harmonie mit der Natur beruht.


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