Junge Menschen würden gerne ethisch konsumieren. Was hält sie davon ab?
Schulen entdecken den „fairen Konsum“. Deutschlandweit gibt es bereits über 500 ausgezeichnete „Fairtrade Schools“, die ethische Aspekte des Wirtschaftens zum Unterrichtsthema machen. Auch ohne das prestigeträchtige Logo am Eingang stellen sich immer mehr Bildungsinstitutionen der Frage globaler Arbeitsverhältnisse. Nach Kaffee und Kakao ist zuletzt vor allem die Textilindustrie in den Fokus gerückt: Was verdient ein chinesischer Wanderarbeiter beim Bleichen einer Jeans?
Viele Jugendliche lehnen „Fast Fashion“ ab – und kaufen sie doch.
An unserer Schule gibt es schon eine kleine Tradition von Projekten zur Thematik. Mode zieht. Über 5 Milliarden Euro geben Jugendliche jedes Jahr für Kleidung aus – mit Abstand die wichtigste Warengruppe. Und sie wollen wissen, was sie kaufen. Darum herrscht nach ein- oder mehrtägigen Projekten oft die einhellige Meinung vor: „Wir wollen kein Fast Fashion!“ Kein Schüler, keine Schülerin wünscht sich Mode, an deren Etiketten noch Schweiß und Blut von Textilarbeiterinnen in Bangladesch klebt.
Warum erfreuen sich Primark & Co. dann solcher Beliebtheit gerade bei jungen Käufern? Der Homo Consumens denkt beim Shopping-Trip eben nicht nur an gelungene Bildungsprojekte, ansonsten würden Werbeagenturen womöglich dagegen Sturm laufen. Dazu bewirken die traditionell schmalen Geldbeutel Jugendlicher, dass junge Mode selten hochwertig und fair ist.
Ökonomie ist von Moral nicht zu trennen
Vielleicht beißt sich die Idee des ethischen Konsums aber auch mit der Tugend der sprichwörtlichen schwäbischen Hausfrau, im Wissenschaftsjargon „Homo Oeconomicus“ genannt. Unterrichten wir nicht selbst an ausgewiesenen Fairtrade-Schulen 10 Monate des Jahres das kosteneffiziente Wirtschaften, das auf Produktionsbedingungen keine Rücksicht nimmt? Kostensenkung als Mittel der Gewinnsteigerung gilt als erfolgreiches Unternehmertum. Doch Sparsamkeit ist keine Tugend, wenn dabei andere den Preis dafür zahlen. Geiz ist geizig.
Schulen bringen den Schülern im Unterricht Effizienz bei und in Projekten, dass sie keine Billigwaren kaufen sollen. Kein Wunder, dass es nicht funktioniert.
Adam Smith, der Erfinder der Marktwirtschaft, war Moralphilosoph. Vielleicht sollten wir im Ökonomieunterricht wieder öfter über Werte sprechen als immer nur das Kostenminimum berechnen.
Patrick Brehm ist Wirtschaftspädagoge in der beruflichen Bildung und betreibt die Webseite www.vwl-nachhaltig.de, auf der er seine unterrichtlichen Erfahrungen zum Thema nachhaltige Wirtschaftslehre teilt.
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